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02.09. / tba. Uhr / Mainstage

20 Jahre. Zwei Dekaden in diesem Rap-Spiel. Sechs Solo- und zwei Kollaboalben, eine Live- Platte. Plus der Ruf als einer der wenigen kompletter MCs dieses Landes, der in diesem Zeitraum jede noch so kleine Booth und jede noch so große Bühne in Schutt und Asche gelegt hat. Andere würden sich ob eines solchen Status vielleicht selbstgefällig zurücklehnen und ausruhen oder über alle Maße abfeiern. Kann man ja auch. Aber Afrob macht es eben nicht vor aller Welt, sondern im kleinen Kreis. »Wie ein Geburtstag mit guten Freunden«, sagt er. Also hat sein Jubiläum zum Anlass genommen und sich frei gemacht – von dem eigenen Druck und den Erwartungen der anderen. Nicht auf Altbewährtes setzen, sondern das Rad ganz bewusst neu erfinden. Nur: das Ausbrechen aus alten Mustern war nicht immer einfach. »Ich habe mich dabei oft wie Rocky gefühlt, der vom Links- und zum Rechtsausleger wird, in dem er sich seinen eigentlichen Schlagarm im Training auf den Rücken bindet«, sagt Afrob und lacht. Aber es musste sein. Er hat keine Lust mehr auf das Laute, die Effekthascherei, das Erwartbare. Das hat er oft genug gemacht. Besser als die anderen, wohlgemerkt. Been there, done that. Strich drunter. »Ich weiß, was ich kann und was ich nicht kann – und ich muss weder mir, noch anderen etwas beweisen. Also habe ich mich so frei gemacht wie noch nie.« »Abschied von Gestern« ist kein Afrob-Album wie jedes andere. »Die Platte zeigt mich von einer anderen, neuen Seite. Das geht schon bei der Musik los: Keiner

der Beats hat ein Tempo über 90 BPM, aber trotzdem gerade noch Kopfnicker- Geschwindigkeit. Afrob nennt das Neo-BoomBap. Verantwortlich zeichnet dafür

der Kaiserslauterer Phono, der aus dem Phantom-Notes-Umfeld stammt, mit dem Afrob bereits in der Vergangenheit das eine oder andere Mal zusammengearbeitet hat. »Die Beats von Phono waren im ersten Moment ziemlich ungewöhnlich für mich. Ich musste mir das Arrangement im Kopf selbst zusammendenken. Nach dem

Motto: Dies hier könnte eine Strophe sein, das da eine Hook. Aber ich bin ein geborener Jammer und reagiere sofort auf Veränderungen in der Musik.« Die entschleunigten und reduzierten Beats von Phono lassen mehr Platz für die Stimme. Aber genau da lauert auch die Gefahr. »Man hört jede Silbe, jedes platzende Spuckebläschen im Mund. Und weil ich ohnehin eine so markante Stimme habe, musste ich mir genau überlegen, was ich auf den Songs sagen will.« Und das hat Afrob getan. Für »Stein auf Stein« hat Afrob sich Karlsruhes Finest Haze in die Booth geholt. Dabei herausgekommen ist trackgewordener Traditionalismus der alten Schule, der trotzdem nicht den Bezug zum Jetzt verloren hat und unterstreicht, was HipHop schon immer war und sein wird: Drums, Bassline, Sample und von sich selbst erzählen. »U.N.I.T.Y.« mit Alex Prince zelebriert zu dezenten Streicher-Sounds ernstgemeinte Einigkeit, während

»Rolle mit Hip Hop II« als rumpelnde Rap-Reminiszenz Afrobs HipHop- Sozialisierung und die 20 Jahre seit seinem gleichnamigen Debüt Revue

passieren lässt. Die 16 Songs demonstrieren deutlich: Afrob ist kein Newcomer mehr, sondern ein gestandener Künstler. Ein erwachsener Mann über 40 mit einem Leben wie niemand sonst und wie jeder andere auch. Er erzählt aus diesem Alltag, allumfassend. Von Self Empowerment und Weltuntergang. Klar, dass das weh tut, aber es muss eben gesagt werden – und »Abschied von Gestern« hält noch so viel mehr bereit. Die Songs sind clever und lustig, augenzwinkernd und oldschool, aber trotzdem nicht von gestern. All das macht »Abschied von Gestern« zu einem wirklich homogenen Album, das diesen Namen auch 2019 mehr als verdient trägt. »Manche Leute fragen mich, warum ich in Zeiten von Playlisten überhaupt noch Alben mache. Aber ich bin ein integrer Künstler und ein gewissenhafter Artist, zu dessen komplettem Bild dieses Format einfach dazugehört. Da bin ich den Leuten schuldig. Ich will, was ich verkörpere und wer ich bin zeigen – und das funktioniert meiner Meinung nach nur über ein Album. Das schafft Vertrauen beiden Fans und bringt Nachhaltigkeit mit sich –genau aus dem Grund gibt es Afrob seit 20 Jahren.« Und wer »Abschied von Gestern« hört, der weiß, dass es ihn noch mindestens 20 weitere geben wird.

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